Historie –  Die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Die evangelische Kirche in Köln-Junkersdorf (Architekten Heinrich Otto Vogel und Siegfried Knoch, Bautenkirchmeister Jürgen Koerber) wurde am 4. Juli 1965 geweiht.

Benannt ist sie nach dem Theologen Dietrich Bonhoeffer, der als Vertreter der ‚Bekennenden Kirche‘ am deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt war und am 9. April 1945 auf Hitlers Befehl im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet wurde. Sein Name soll an den Christus-Zeugen unserer Zeit und an den Auftrag der Gemeinde erinnern: weltaufgeschlossen und offen, aber ebenso auch auf Christus konzentriert zu sein. Deshalb befindet sich Dietrich Bonhoeffers Name außen an der Apsis; er wurde nachträglich in den 90ern Jahren angebracht.

Leben der Junkersdorfer Protestanten

Das Leben der Junkersdorfer Protestanten war vor dem Neubau ihrer Kirche zunächst ganz auf die Muttergemeinde Frechen bezogen, ab 1948 dann auf die große, selbstständig gewordene Evangelische Kirchengemeinde Weiden. Zehn Jahre später entstand ein Jugendheim mit zwei Wohnungen und einem Saal (Architekt Siegfried Knoch), den die stetig wachsende Gemeinde auch zum Gottesdienst nutzen konnte. Schließlich entstanden 1965 die heutige Kirche mit Pfarrhaus; und 30 Jahre später wurde das Gemeindehaus erweitert.

Der Kirchbau

Die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche bildet den Mittelpunkt des heutigen evangelischen Gemeindezentrums Junkersdorf, umgeben von Jugendheim und Mitarbeiterwohnungen, Gemeindesaal mit zeltartigem Glasdach, Sakristei und Pfarrhaus. Ein überdachter Gang verbindet die Haupteingänge. Da das Grundstück schmal und lang ist, sind alle Gebäude längs nebeneinander angeordnet. Der Gebäudekomplex verliert durch die Weite der gegenüberliegenden Birkenallee an Gewicht und erhält optisch so mehr Raum.

Die Kirche ähnelt einem Zentralraum, der von zwei mit ihren Öffnungen gegeneinander gesetzten und sich gleichzeitig gegenseitig durchdringenden Raumschalen unterschiedlicher Größe gebildet wird. Im Süden ist ein parabelförmiger, 25 m hoher Glockenturm mit Kreuz angegliedert. Daneben liegt der Eingangsbereich, davor der überdachte Gang, der Kirche und Gemeindesaal verbindet. Die östliche Raumschale ist 16 m hoch und hat die Form einer sehr schmalen, parabelförmigen Apsis. In ihr befindet sich der um drei Stufen erhöhte Chor mit Kanzel, Pult und Altar. Durch eine Fensteröffnung im Beton dringt in 15 m Höhe indirektes Licht in den Kirchenraum.

In der niedrigeren, sehr breiten, polygonalen Raumschale des Kirchenraumes findet die Gemeinde im Halbkreis auf Holzbänken Platz und versammelt sich so um den Altarraum. Sie besitzt zudem eine halbrunde Empore mit vielen weiteren Sitzmöglichkeiten. So kann der gesamte Raum bei Bedarf eine große Gemeinde mit über 400 Plätzen beherbergen. Die Orgel auf der Empore stammt von dem Kölner Orgelbauer Willi Peter. Sie korrespondiert optisch mit dem kleinen für Sänger vorgesehen Platz.Bei dem Bau der Kirche verzichtete man außen wie innen weitgehend auf hochentwickelte, industrielle Baustoffe. Für die natürliche Verkleidung des Außenmauerwerks wählte der Architekt Siegfried Knoch (†2011) den ‚tausend Jahre alten Ziegelstein‘ als Schmelzbrand. Es handelt sich um einen harten, handgestrichenen, lederfarbenen Backstein im Dünnformat, den eine holländische Firma Knoch empfohlen hatte. Der angesetzte Turm hingegen musste aus technischen Gründen aus Stahlbeton konstruiert werden. Er trägt die Last von vier schweren Bronzeglocken. Das Material und die hochaufragende, schlanke Gestalt des Turmes stehen in großem Kontrast zur Kompaktheit des Backsteinkirchenraumes.

Das zeltartige Dach der Kirche besteht aus zwei Holzschichten, ist dem Außenmauerwerk aufgelegt und wird mittig von fünf hohen Säulen getragen; diese bilden in dem polygonalen Raum einen halbrunden Säulenkranz. Auch sonst dominiert Holz: die Säulen sind holzverleimt, die Decke ist mit Zedernholz verkleidet und der Fußboden des Gemeindeteils mit Hirnholzparkett verlegt. Letzteres ist aus kleinen Klötzen mit aufrecht gestellten Fasern gefertigt, die, so Knoch, unverschleißbar, aber warm sind. Dagegen besteht der Boden des Altarraumes ebenso wie der Altar, die Kanzel und das Lesepult aus Dolomit.

Die ungewohnt hohe Apsis ist weiß getüncht und wird hinter dem Altar von dem Maler und Bildhauer Eugen Keller (†1995) künstlerisch genutzt. Vertikal stellt er das Relief des ‚Wandernden Gottesvolkes‘ von Israel als das ‚Erwählte Volk Gottes‘ auf der Altarwand dar, das in die Richtung des von oben indirekt eindringenden Lichtes zieht.

Weitere Werke des Künstlers und seines Sohnes in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche sind das gleichschenklige Altarkreuz und die Leuchter sowie die schlichten, schönen und farbigen Glasfenster. Sie sind im polygonalen Raum unter der Empore in die Backsteinwand eingelassen. Der Taufstein steht im Zentrum, an dem beide Raumschalen des Kirchenraumes sich vereinen und ist im Boden leicht abgesenkt. Es handelt sich um ein Kunstwerk des Kölner Bildhauers Günter Lossow (†1975): ein massiver Block aus Muschelkalk ohne Verzierungen, der wie ein Fels erscheint. Die Mulde befindet sich in seiner Mitte; seitlich besitzt er eine weitere Vertiefung für die Kanne des Taufwassers.

Die Gläubigen werden durch den überdachten Verbindungsgang vom Gemeindehaus zum Haupteingang der Kirche geführt. Sie betreten durch die Bronzetür den sehr konzentrierten Eingangsraum. Die plastisch gestaltete Grundsteinwand des Kölner Bildhauers Kurt Wolf von Borries (†1985) gegenüber der Eingangstür ruft das Gedächtnis an Dietrich Bonhoeffer wach. Die betenden, in Ketten gelegten und die Mauer durchbrechenden Hände deuten auf Bonhoeffers Weg und Schicksal hin und erinnern die Gemeinde bereits beim Eintreten an die lebensentscheidende Kraft des Glaubens und ihren Auftrag.

So sollen sich die Gläubigen mit den theologischen Überlegungen Bonhoeffers eng verbunden fühlen und ihre Aufgabe darin sehen, das weiterzuführen, was er in der Sorge um die Kirche und den Menschen begonnen hatte. Denn er wusste, wie der ehemalige Pfarrer Richard Mengel in seinen schriftlichen Ausführungen darlegt, dass es für eine Gemeinde nicht ausreicht, im sakralen Bereich zu leben, sondern dass die Kirche einen Auftrag hat in der Welt. Sie soll Zeuge sein für die Wahrheit, so wie Bonhoeffer als Zeuge Jesu Christi lebte und starb.

Auch die Namen der vier Bronzeglocken weisen die Gemeinde auf ihren Auftrag hin. Die große Glocke trägt den Namen ‚Kerygma‘, was Predigt, Bekanntmachung und Verkündigung bedeutet. Die mittlere Glocke heißt ‚Koinonia‘, im griechischen Urtext Gemeinschaft, enge Verbundenheit und brüderlicher Zusammenhalt. Die kleine, ‚Agape‘, kann man mit Liebe, Liebesmahl und Hingabe übersetzen. Und für die vierte Glocke wurde der Name ‚Diakonia‘ gewählt. Sie erinnert daran, dass sich das Christsein nicht im Hören der Predigt erschöpfen darf, sondern dass alle Heilsgedanken Gottes im Dienst, in der Hingabe, also beim Menschen enden sollen.

Bei der baulichen Grundkonzeption und Ausstattung des Kirchenraumes steht der Gedanke der ‚Gemeinschaft‘ im Mittelpunkt. Beide verweisen in ihrer Form- und Symbolsprache auf Bekenntnis und Auftrag der Gemeinde.

Die architektonische Besonderheit der Kirche besteht darin, dass die erleuchtete, schmale Apsis - als Stätte der Sakramente und Verkündigung - und der eher dunkle, polygonale Gemeinderaum ringförmig miteinander verschmelzen und einen Kreis um das Taufbecken bilden. Die Gemeinde findet somit im Halbrund an diesem zentralen Versammlungsort zusammen. Diese Konzeption hat, so der Architekt Heinrich Otto Vogel (†1994) in seinen schriftlichen Erläuterungen, bedeutende historische Vorbilder: Schlosskapelle Stuttgart, Mühlheim an der Eis, Regnitzlosau und Thurnau/Oberfranken, Bückeburg, Erbach/Odenwald, Planegg etc.

In seiner Stellungnahme aus dem Jahre 1963 formuliert Vogel das folgendermaßen:

„Es ist mir ein sehr ernstes Anliegen, besonders gesehen auf die neue Taufordnung der Rheinischen Kirche, die Orte der Sakramente nicht ungleich wertmäßig zu unterscheiden. Die willkürlich, oft fast nur dekorative Ortung des Taufgeschehens in neuen Kirchen, möchte ich an meinem Beispiel ernst zu überwinden suchen.Einerseits begleitet die Gemeinde in echter und sinnfälliger Weise die Ordnung der Heiligen Taufe und nimmt nicht nur den Täufling in ihrer Mitte auf, sondern der Taufort in ihrer Mitte ist das ständige Memento ihres Taufgelübdes und Sinnbild der Kyrie: – Die Gruppierung der Gemeinde ist das Sinnbild der Gemeinschaft nicht einer zentrierten Korrespondenz wie im Theater. In ihrem Kreis steht der Prediger unter ihr mit dem seelsorglichen Grundanliegen der Verkündigung. Es ist das gottesdienstliche Anliegen des einen Auftrages nach Marcus 16,11 – Von hier aus und dann öffnet sich der Raum zur letzten Gemeinschaft hier auf Erden: Dem Hinzutreten zum Altar Gottes – zum Mahl –.“

Gleichermaßen entspricht die Lichtführung den Vorstellungen des Architekten: die Öffnung des Raumes in Form und Farbe nach ‚oben‘. Das von oben in den Altarraum eindringende Morgenlicht fällt auf das gleichschenklige Kreuz der ‚Bekennenden Kirche‘ und verweist so auf Christus als die Mitte des Glaubens. Mit dem Relief des ‚Wandernden Gottesvolkes‘ ist die Gemeinde in gemeinsamer Hoffnung auf einen ‚neuen Himmel‘ und eine ‚neue Erde‘ mit Israel verbunden. Die Bibel auf dem Altar ruft mit Kanzel und Ambo in ihrer Gesellschaft die Gemeinde in ihren Dienst der Verkündigung.

Durch alle liturgischen Gestaltungselemente, die verwendeten Baustoffe aus Stein, Holz und gebranntem Lehm sowie die von Licht und Dunkel hervorgerufene Raumwirkung, erfährt die Gemeinde ihren Gottesdienstraum in Geborgenheit und Wärme als eine Stätte der Christusbegegnung. Die umschließende Empore nimmt die Gemeinschaft räumlich nicht nur in der Ebene, sondern auch in der Höhe auf.

Literatur

  • Peter Crohn, Rolf Lenhartz und Hannelore Mäueler (Hrsg.): Aufbruch im Westen von Köln.
  • Hundert Jahre evangelischer Gottesdienst in Weiden. 1907-2007, Pulheim, 2007.
  • Presbyterium der ev. Kirchengemeinde Junkersdorf (Hrsg.): mitteilen, Brief der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Köln-Junkersdorf, Juni 2005-August 2005.
  • Richard Mengel (Hrsg.): Erlebtes an der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Junkersdorf. 1963-1991, Köln, 1991.
  • Redaktionskreis des Pfarrbezirks Junkersdorf der ev. Kirchengemeinde Weiden (Hrsg.):
  • Die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Junkersdorf. 1965-1985, Köln, 1985.